Projekte

FAHRRAD-KINO-STADT

Klasse 8b der Städtischen Wilhelm-Röntgen-Realschule als inhaltlicher Impulsgeber und Co-Architekt für ein mobiles Kino in Neuperlach

Dass die Schüler*innen der Klasse 8b im Rahmen neuer städteplanerischer Aktivitäten in Neuperlach maßgebliche Ideengeberin für ein Fahrrad-Kino in ihrem Wohnviertel werden könnte, hätten sie vor ein paar Wochen selbst noch nicht gedacht. Doch wie kam es dazu?

Neuperlach stand lange Jahre eher abseits von jeglichem städtebaulichen und kulturellen Interesse, es war in erster Linie ein Wohnviertel, in dem auf engstem Raum Familien vor allem mit Migrationshintergrund in endlos nebeneinanderstehenden Hochhäusern untergekommen waren. Jetzt soll sich etwas ändern in Neuperlach, die Verantwortlichen der Stadt München wollen dieses Viertel mit europäischen Fördergeldern im Rahmen des Projekts NEBourhoods richtig attraktiv machen. Sportplätze und ein großes Einkaufszentrum gibt es bereits, jetzt soll die Kultur Einzug halten.

Betrachtung des Stadtteils Neuperlach

Gemeinsam mit den Studierenden der Hochschule München/Städteplanung unter der Leitung von Pof. Dr.-Ing. Andrea Benze, dem Dokumentarfilmer Patrik Thomas und den Kammerspielen Münchens wurde das Projekt FAHRRAD-KINO-STADT gestartet. Ziel wird es sein, ein mobiles Fahrrad-Kino nach brasilianischem Vorbild für Neuperlach zu entwickeln und damit einhergehend einen sozialen Ort zu gestalten, in dem ein originelles Kino unkompliziert auf- und abgebaut werden kann und gerade die Jugendlichen im Viertel ansprechen soll. Und was lag da näher, als Jugendliche an der Ausgestaltung dieser Idee mitwirken zu lassen!?

Kurzerhand lud Elke Bauer von den Münchner Kammerspielen die Klasse 8b in Begleitung ihrer Klassleiterin Maria Gerteisz ins Theaterlabor SHAERE in Neuperlach zu drei hochinteressanten und sehr effektiven Workshops zu diesem Projekt jeweils an einem Mittwochnachmittag ein.

Bastelarbeiten für das Fahrradkino

Der erste Workshop fand am 23. November 2022 statt. Das Kennenlernen aller am Projekt Beteiligten verlief vollkommen unkompliziert, man verstand sich sofort und begann die Arbeit. Die Jugendlichen teilten sich in vier Gruppen auf, die jeweils von zwei Student*innen betreut wurden. Dabei wurden die Schüler*innen mit folgenden Fragen konfrontiert: Welche Filme schaut ihr? In welchen Umwelten spielen diese Filme? Möchtet ihr in den Settings des Films leben? Was ist anders/gleich in Neuperlach/an eurem Wohnort? Was fehlt euch? Die Schüler*innen dachten gründlich über alles nach und präsentierten schließlich stolz ihre Ergebnisse im Plenum. Dazu zeigten sie kleine Filmausschnitte ihrer Lieblingsfilme (von knallharten Actionthrillern über lustige Unterhaltungsfilme bis hin zu kurzen, amüsanten tictoc Sequenzen zu Mode und Kochen war alles dabei), sie stellten ihre Sichtweisen dar und beantworteten vertiefende Fragen. Am Ende des Nachmittages stand die inhaltliche Ausgestaltung des Fahrrad-Kinos, so wie es den Jugendlichen ihren Interessen und Präferenzen entsprechend vorschwebte, fest.

Modell eines Fahrradkinos

Der zweite Workshop folgte am 30. November. Wieder ging es ins SHAERE; dieses Mal direkt an die Werkbank. Die Schüler*innen bastelten nach einem kurzen Brainstorming mit Unterstützung der Architekturstudent*innen, deren Professorin und Patrik Thomas mit unterschiedlichsten Materialien hochengagiert ihr maßstabsgetreues Traumkino. Und diese Ergebnisse waren voller lebendiger Ideen und tief beeindruckend. Die Schüler*innen integrierten in ihre Papp-Modelle ihre Erwartungen an ein Kino, das all das beinhalten und bieten sollte, was den herkömmlichen Kinos fehlte. Die Schüler*innen hatten am Ende des Nachmittages ihren Part geleistet, jetzt wurde der Ball wieder den Studierenden zugespielt. Diese erstellen nun in den kommenden Wochen mit den Impulsen der Schüler*innen eigene Entwürfe für ein mobiles Fahrrad-Kino in Modellen und Kurzfilmen und müssen diese im nächsten Workshop am 25. Januar 2023 der Klasse 8b überzeugend präsentieren. Aufgabe der Schüler*innen ist es dann, als Gastkritiker*innen ihr Feedback zu geben, sprich das Siegerkino zu küren. Das wird bestimmt keine leichte Aufgabe werden, denn der Erwartungshorizont der Schüler*innen liegt sehr hoch.

Doch das wird noch nicht das Ende sein. In den Sommermonaten wird das Fahrradkino tatsächlich realisiert und die Jugendlichen sind eingeladen, vor Ort mit dem Filmemacher Patrik Thomas eigene Kurzfilme zu drehen und zu präsentieren.

Was für eine Veranstaltung und wie wunderschön, hier dabei sein zu dürfen! Darüber war sich die Klasse 8b unisono einig. Die Schüler*innen können an der kulturellen Ausgestaltung ihres Wohnviertels aktiv mitwirken, mit Ideenreichtum und viel Spaß die Möglichkeiten ihrer eigenen Freizeitgestaltung erweitern, basisdemokratischer geht es nicht! Ein fantastisches Projekt, „mega – cool“, wenn man als Schüler*in einer 8. Klasse für ein kulturelles Highlight im Stadtviertel, das in ganz München und darüber hinaus bekannt sein wird, mitverantwortlich sein darf.

Welches Fahrrad-Kinomodell das Rennen machen wird, wird sehr, sehr spannend werden. Davon werden wir Ende Januar berichten. Und im Sommer können wir unser eigenes mobiles Kinofestival in Neuperlach erleben. Wer denkt da noch an Cannes?

Maria Gerteisz, M.A.

Studienrätin (RS) sowie Klassenleitung 8b